Geistliches - nicht nur während der Krise

Predigt zur Lichterkirche, Vorabend des 1. Advent

Liebe Gemeinde! Was macht für euch die Adventszeit aus? Für mich gehören neben der Musik auch Lichter ganz wesentlich dazu! Egal ob an den Häusern, bei mir am Gartenzaun, der berühmte Herrnhuter Stern oder auf dem Adventskranz. Und heute Abend auch die Lichter hier in der Martinskirche. Lichter machen die dunkle Jahreszeit heller, gemütlicher und damit auch freundlicher. Und es ist ja auch so: Jetzt mit der Adventszeit warten wir auf das, was im Alten Testament prophezeit wird und was sich an Weihnachten erfüllt: Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir! (Jesaja 60,1) so schreibt es der Prophet Jesaja in Kapitel 60. Ich finde das interessant. Ursprünglich ist mit diesem Vers Zion, der heilige Berg Jerusalems gemeint. Die Menschen dort sollen sich freuen, denn auf dem Heiligtum geht die Herrlichkeit Gottes auf. Es ist die Vorhersage, dass nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem der Tempel wieder aufgebaut werden soll. Und damit kommt Gott zu den Menschen, er kommt sozusagen zu ihnen zurück, und sie werden beieinander sein, Gottes Nähe wird erfahrbar.

Das wünschen wir uns doch alle, dass Gott mit seiner Nähe erfahrbar wird. Ja, Nähe, danach sehnen wir uns. Und das ist doch nur zu verständlich. Was waren das für schöne Zeiten im Sommer, als wir uns getroffen haben, als wir Nähe gespürt haben, als wir beieinander sein durften. Und jetzt? Wir müssen wieder Abstand halten, wir können wieder nicht Beisammensein. Und warum? Weil wir ängstlich sind, und weil wir vorsichtig sein müssen. Die Vorsicht gebietet uns, bloß ja nicht einander zu nahe zu kommen! Aber das widerspricht mir so! Und ich denke, dem einen oder anderen geht es genauso. Aber wir tun es um der Sache willen, weil wir nicht wollen, dass noch mehr Menschen leiden, dass noch mehr Menschen angesteckt werden mit dem Virus, das teilweise dramatische Folgen hat, auch bei uns im Landkreis.

Aber die Zeit schreitet voran. Sie fähret schnell dahin, als flögen wir davon, wie es in den Psalmen heißt... Schon zum 16. Mal feiere ich hier in dieser Kirchengemeinde mit euch den Vorabend des 1. Advent. Wie die Zeit vergeht! Und alle Jahre wieder freue ich mich auf diesen Gottesdienst, denn von ihm geht so eine ganz bestimmte Stimmung aus. Und ja, auch in diesem Jahr! Auch in diesem Jahr wird es Advent, auch in diesem Jahr freuen wir uns auf das Weihnachtsfest. Fast habe ich das Gefühl, dass wir es uns besonders gemütlich machen, weil die Welt draußen um uns herum so unberechenbar erscheint, weil unser Leben so durcheinandergewirbelt wird. Wir fahren Achterbahn, auch emotional. Die biblische Botschaft gilt deswegen gerade für uns, gerade auch in diesen Zeiten. Die Botschaft verheißt uns Ruhe und Frieden – etwas, dass die Welt immer gebrauchen kann, und jeder einzelne von uns auch. Hört den Predigttext aus Sacharja 9: Die Verheißung des messianischen Friedensreiches 

9 Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. 10 Denn ich will die Wagen wegtun aus Ephraim und die Rosse aus Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

 

Liebe Gemeinde, diese bekannte Text vom Propheten Sacharja verheißt uns den Friedenskönig. Es geht um einen König, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Nicht ungerecht und nicht auf den eigenen Erfolg bedacht, nicht selbstverliebt und machtbesessen wie damals Alexander der Große – oder wie heute die Trumps, Putins oder wie sie alle heißen dieser Welt. Dieser König ist eher das Gegenmodell von allem, was die Welt kennt. Er ist ein Gerechter: Unter seiner Herrschaft gilt nicht das Recht des Stärkeren. Nicht mehr Unterdrückung und Ausbeutung regieren, nicht mehr der krasse Gegensatz von arm und reich, sondern er stellt eine neue Form einer gerechten Gemeinschaft her. Er ist ein Helfer: Denen, die in Not sind, den Schwachen und Armen wird geholfen, und sie finden neue Kraft zum Leben. Er ist ein Bescheidener: Dieser König verzichtet bewusst auf Pomp und Reichtum. Er kommt nicht auf hohem Ross daher. Sein Reittier ist ein Esel. Und er ist ein Friedensstifter: Dieser König verbreitet seine Macht nicht mit Feuer und Schwert, sondern er setzt dem ein Ende. Kriegsgerät wird zerbrochen und vernichtet, er bringt einen Frieden, der dauerhaft und tief unsere Welt prägt – bis an die Enden der Erde. Dieser König stellt die vorhandenen Verhältnisse auf den Kopf. Die Welt wird eine andere sein, wenn dieser König kommt. Sie wird von den Regeln der Liebe bestimmt und nicht vom Hass. 

Liebe Gemeinde, lasst uns gewahr werden, was da auf uns zukommt, was im wahrsten Sinne des Wortes ankommt, denn Advent heißt ja nichts anderes als Ankunft. „Dein König kommt zu dir“. Keiner auf einem Thron – das haben schon die jüdischen Machthaber damals zur Zeit Jesu falsch verstanden – sondern einer, der dein Herz regiere und dir ein neues Verständnis von Gott gebe! Und er kommt „zu dir“, nicht zu irgendwem anders. Du bist gemeint, Du ganz persönlich! Es ist „ein Gerechter und ein Helfer“, d.h. es ist einer, der recht genau hinschaut, der weiß, wie wir sind, dem wir nichts vormachen können und auch nichts vormachen müssen, weil er uns so annimmt, wie wir sind. Und der uns hilft, wenn wir an ihn glauben, wenn wir durch den Glauben an ihn Zuversicht bekommen und unser Leben genau aus diesem Bewusstsein heraus annehmen und gestalten. Ja, die Welt ist nicht so einfach, wie wir sie gerne hätten. Und sie kann auch Angst machen, auch das ist sehr verständlich. Aber was um alles in der Welt soll uns stärken, wenn nicht unser Glaube! Es ist unser Glaube ein Jesus Christus, das Licht der Welt. In ihm kommt uns Gott ganz nah, und dieser Glaube hilft uns, im Einklang mit unseren Mitmenschen, aber auch mit uns selbst zu leben. 

So mögen uns der Glanz dieser wunderbaren Lichterkirche und die Melodien heute Abend in diese Adventszeit tragen und dafür sorgen, dass unser Herz warm und unsere Sehnsucht nach Stille, Heil-Sein, Sinn und Erfüllung wahr werde. In diesem Glauben sind wir vereint, auch über Distanzen und Entfernungen hinweg. Gottes Liebe verbindet uns, heute und morgen, in Dunkelheit und in Licht. 

Amen.

Pfr. Jan Friedrich Eisenberg

Predigt Lichterkirche
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Predigt Lichterkirche
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Fotos von der Lichterkirche 2020 in Vöhl.

Predigt zum Buß- und Bettag 2020

Unter dem Motto „Zukunft offen“ fand ein Abendgottesdienst für das Kirchspiel statt zum Buß- und Bettag. Die Predigt kann hier nachgelesen werden.

Predigt zum Buß- und Bettag
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Predigt Reformationstag 2020 um 19.00 Uhr

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

Was ein verrücktes Jahr! Manchmal kommt es mir so vor, als gerät gerade die Welt aus den Fugen. Und wir, jeder einzelne von uns, mittendrin, nur ein winziges Rad im Getriebe. Nach dem, was im Frühling auf uns zukam, ist nun auch die zweite Welle längst da, und wir müssen uns in einer Mischung aus Schmerz und Genervt-Sein darauf einstellen, dass sich schon wieder so viel ändert in unserem Leben. 

Heute ist Reformationstag. Was haben wir alles zu reformieren! Unser ganzes Leben haben wir zu reformieren: Abstände einzuhalten, Masken zu tragen, Hände zu desinfizieren – nur um möglichst nicht zu engen Körperkontakt zu haben, und dem Virus keine Chance zu geben. Dabei fehlt mir Körperkontakt so! Wenn ihr Ende kommender Woche den neuen Gemeindebrief in der Hand haltet, dann könnt ihr etwas dazu nachlesen. Mitten in diese Zeit hinein, die jetzt wieder von einer erneuten Kontaktbeschränkung, von einem quasi Lockdown betroffen ist, kommen wir hier in unserer Martinskirche zusammen. Ihr seid da, scheut euch nicht, sodass wir gemeinsam Gottesdienst feiern können, und ich finde das so schön. Uns ist dieser Tag wichtig, weil uns Martin Luther und die Reformation wichtig ist. Wir wissen, was wir heute feiern, wir wissen um unsere evangelische Kirche.

In diesen Zeiten findet man im Internet eine schier unbegrenzte Fülle von Wichtigkeiten und Unwichtigkeiten, von Dingen die nett zu lesen sind, oder solchen, bei denen man lieber wegläuft. Jetzt habe ich etwas gefunden, was ich euch gerne vorlesen möchte. Es stammt von Martin Luther selbst. Er hat Ähnliches erlebt wie wir. Bei uns heute heißt es Corona, bei ihm damals war es die Pest. Und die war ähnlich ansteckend wie unser Virus heute. Und eigentlich glaube ich, dass man damals noch viel vorsichtiger sein musste, weil es kein Desinfektionsmittel gab, weil vermutlich von Mund und Nasenschutz noch keine Rede war, und weil man längst nicht so viel über die Verbreitung von Viren und Bakterien wusste. Vorsichtig sein musste man damals allerdings auch schon. Und man musste auch schon abwägen, ob man Menschen ausgrenzt, weil man selbst nicht krank werden wollte, oder ob man mit einem gewissen Mut auch diesen Menschen begegnet. Jedenfalls, als 1527 die Pest in Wittenberg ausbrach, schrieb Martin Luther Folgendes:

„Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Orte meiden, wo man mich nicht braucht, damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werde. Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht.“ (Quelle: Luthers Werke, Band 5, Seite 334f.)

Liebe Gemeinde, ich finde es schon sehr beachtenswert, wie diese Worte, die ja immerhin knapp 500 Jahre alt sind, auch in unsere Zeit zu passen scheinen. Denn Martin Luther zählt hier Dinge auf, die jeder vernünftige Mensch heute auch zu tun hat: Er redet vom richtigen Lüften – wie heute sollen das genauso tun, und die Schüler in den Schulen wissen ein Lied davon zu singen. Alle 20 Minuten werden jetzt die Fenster aufgerissen, um für Stoßlüften zu sorgen, mit allen fatalen Nebenwirkungen... Und weiter schreibt Martin Luther, dass man Orte meiden soll, wo man nicht gebraucht wird, damit man einander nicht ansteckt. Nichts anderes wird heute durch die Kontaktbeschränkungen sozusagen von oben verordnet, damit das Virus sich nicht weiter verbreitet. Und Martin Luther redet davon, dass man nicht nachlässig sein darf, damit man nicht anderen eine tödliche Gefahr bringt. Martin Luther redet also von lauter Dingen, die jetzt gerade auch für uns aktuell sind. 

Aber Luther sagt auch: Wo man ihn braucht, da will er frei hingehen und helfen. Und all das geschieht in einem gottesfürchtigen Glauben, der nicht dumm und dreist sein soll, und schon gar nicht Gott versuchen soll. Damit spricht Martin Luther natürlich etwas ganz Wesentliches an, was unser Tun und Handeln nicht nur aber gerade auch in diesen Zeiten bestimmen soll: unser Glaube. Nicht dumm und dreist sein... Wie oft habe ich das Gefühl, dass genau das Gegenteil in der Welt passiert: sowohl bei großen Präsidenten und Regierungschefs als auch bei ignoranten Zeitgenossen, die immer noch meinen, es mit dem Virus alles nicht so tragisch zu nehmen. Martin Luther würde glaube ich sagen, dass die alle Gott versuchen, dass sie ihn auf die Probe stellen und ihr menschliches Fehlverhalten auch noch für gut und richtig erachten.

Aber gleich im ersten Satz sagt Martin Luther noch etwas Wichtiges: Ich will Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Gott bitten, gnädig zu sein – ich bin der Meinung, das ist zurzeit unsere oberste Aufgabe als gläubige Christenmenschen. Unsere Kraft in das Gebet legen und Gott um Hilfe bitten. Beten hilft – das glaube ich wirklich. Seine Sorgen und Nöte vor Gott bringen, damit der uns in diesen schwierigen Zeiten begleitet und uns die Kraft gebe, die Dinge zu tun, die jetzt von uns gefordert werden, und die Martin Luther dann sozusagen als Hygieneregeln seiner Zeit beschreibt. Er tut dies, weil er einen unerschütterlichen Glauben daran hat, dass Gott uns gnädig durch unser Leben begleitet – wenn wir ihn nur bitten.

Liebe Gemeinde, eingangs hatte ich erwähnt, dass Martin Luther diese Sätze im Jahr 1527 schreibt. Zu diesem Zeitpunkt war schon viel passiert. Bereits zehn Jahre zuvor hatte er seine 95 Thesen veröffentlicht, und damit einen wesentlichen Grundstein für die Verbreitung seiner reformatorischen Lehren gelegt. Er hat Gott als einen liebenden Gott erkannt, der auch Liebe in unser Herz gelegt hat, damit wir einander lieben. Aber 1517 hat Luther überhaupt noch nicht wissen können, zu was das führen wird. Und der Weg war hart und steinig! Jahrelang mussten er und seine reformatorischen Freunde kämpfen dafür, dass das, was sie für gut und richtig hielten, das was sie glaubten, auch wahr war. Er musste immensen Druck aushalten, sollte auf dem Reichstag zu Worms 1521 seine Lehren widerrufen. Aber Luther hat sich standhaft geweigert – weil es der Liebe widersprochen hätte, die er bei Gott und in der Bibel entdeckt hat – mit dem Effekt, dass er für vogelfrei erklärt wurde und von Friedrich dem Weisen auf abenteuerliche Weise auf die Wartburg nach Eisenach entführt wurde. Dort hat er als Junker Jörg sozusagen aus lauter Langeweile binnen weniger Monate das gesamte Neue Testament auf Deutsch übersetzt. Das war die Grundlage nicht nur für die deutsche Luther-Bibel bis heute, sondern für eine einheitliche deutsche Sprache im Heiligen römischen Reich deutscher Nationen.

Aber die Wahrheit hat sich durchgesetzt, könnte man sagen: Fünf Jahre später im Oktober 1526 wurde unter Landgraf Philipp dem Großmütigen auf einer denkwürdigen Synode in Homberg (Efze) beschlossen, dass Hessen evangelisch wird. Weitere vier Jahre später im Jahre 1530 wurde in Augsburg unter der Federführung von Philipp Melanchthon das sogenannte Augsburger Bekenntnis (confessio Augustana) verfasst, das die wesentlichen Lehren der reformatorischen Kirchen zusammenfasst. Bis heute ist es in unserem Gesangbuch unter der Nummer 808 abgedruckt, und wenn ihr Lust habt, lest die nur 15 Seiten doch mal nach.

Dieser ganz kurze Durchgang durch die Geschichte zeigt aber auch, dass wesentliche Bewegungen, wesentliche Veränderungen im Leben nicht von heute auf morgen passieren. Das spannende in dieser Reformationszeit ist sicherlich die Frage, wie jeder einzelne von uns, wie ich damals reagiert hätte. Wäre ich auch einer von den gewesen, die sich der neuen Lehre angeschlossen und dabei zumindest in der Anfangszeit der Reformation ihr Leben riskiert hätten? Oder wäre ich lieber beim Vertrauten geblieben, hätte weitergemacht wie immer, um den Preis, dass sich auch die Missstände nicht geändert hätten? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht, aber ich kenne diese Situation.

Ecclesia semper reformanda – die Kirche muss immer reformiert werden, das ist eine wesentliche Erkenntnis von damals, die auch heute noch gilt. Und ich gehe heute so weit zu sagen, dass nicht nur die Kirche immer reformiert werden muss, sondern auch das persönliche Leben jedes einzelnen von uns. Wer immer nur will, dass die Welt bleibt wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt, hat Erich Fried mal gesagt. Wie wahr, liebe Gemeinde! Eingangs habe ich gesagt: Wir haben unser ganzes Leben zu reformieren. Wir haben nach Antworten auf die Fragen unseres Lebens zu suchen und uns immer wieder zu überprüfen, ob wir noch auf dem richtigen Weg gehen. Vor 500 Jahren haben die Reformatoren gute Antworten gefunden, und so ist unsere evangelische Kirche entstanden. Das feiern wir heute. 

Und sie taten dies immer aus dem tiefen Glauben heraus, dass Gott uns Menschen begleitet. Die Bibel ist voll von Zeugnissen darüber: Gott hat Abraham begleitet und ihn zu einem großen Volk gemacht. Gott hat Mose und das Volk Israel aus der Knechtschaft geführt und ins gelobte Land gebracht. Und Gott ist in seinem Sohn Jesus Christus zu uns Menschen gekommen, er ist einer von uns geworden, dass wir es leichter hätten, an ihn zu glauben. Gott geht mit – das war schon immer so und wird auch immer so bleiben, dessen bin ich wirklich gewiss. Das heißt nicht, dass er uns Leid erspart, dass unser Weg immer gerade und einfach sei. Wenn wir einen Berg vor und sehen, dann ist dieser Berg noch nie kleiner geworden dadurch, dass wir ihn nur anschauen. Wege entstehen beim Gehen – frohen Mutes und zuversichtlich, aber auch geduldig! 

Die Reformation, die Neuordnung und damit Entstehung der evangelischen Kirche ist auch nicht von heute auf morgen entstanden. So wird auch das Virus nicht von heute auf morgen weg sein, selbst wenn es irgendwann einen Impfstoff gibt. Wir müssen Geduld haben, und das sage gerade ich, der nicht für seine Geduld bekannt ist. Diese Geduld aufzubringen, das ist unsere Aufgabe in der kommenden Zeit. Wir wissen nicht, was uns noch begegnen, was noch auf uns zukommen wird. Wir wissen auch nicht, welche Zukunft vor uns liegt, wohin uns unser Weg führen wird, und welche Neuerungen, welche kleinen oder größeren Reformationen in unserem Leben anstehen. Aber die absolut tröstende und stärkende Zusage Gottes an jeden einzelnen von uns gilt bis heute: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“ (Josua 1,5) So äußert sich seine Liebe zu uns: Gott geht mit – auch in dieser Zeit!

Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, er bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

 

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Gedanken zum 4. Sonntag n. Trinitatis - 05.07.2020

Liebe Leserin, lieber Leser!
Kann man wirklich mit allen Menschen in Frieden leben? Offensichtlich nicht, denn sonst gäbe es nicht so viele Kriege in der Welt, soviel Streit unter den Mitmenschen. Auch ich bin nicht frei davon. Wenn man das Gefühl hat, angefeindet zu werden, so hat man automatisch das Bedürfnis, sich zu verteidigen – schon allein aus Selbstschutz. Je nachdem, wie heftig diese Verteidigung dann ausfällt, kann schnell mal ein Wort das andere ergeben. So entsteht ein Konflikt, weil Gefühle verletzt und Bedürfnisse nicht befriedigt werden. Wenn man dann nicht aufpasst, eskaliert ein Streit, und es gibt kaum noch ein Zurück. Was aber zurück bleibt, ist auf beiden Seiten ein Gefühl des Unverständnisses und der Verletzung. Wie kommt man da wieder raus? Oder kann man eine solche Situation schon von vornherein vermeiden?
Im Predigttext für den 4. Sonntag nach Trinitatis gibt der Apostel Paulus der Gemeinde in Rom seine Gedanken mit auf den Weg: „Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden“, schreibt er in Römer 12,18. Das ist der Satz, der mich zu der Eingangsfrage gebracht hat: Kann man wirklich mit allen Menschen in Frieden leben? Ich glaube nein, denn dazu sind wir Menschen viel zu unterschiedlich. Wir haben viel zu unterschiedliche Interessen, viel zu unterschiedliche Werte und Normen. Und je nachdem, wie weit die auseinanderliegen und wie stark sie verteidigt werden, desto deutlicher tritt ein Konflikt zu Tage.
Ist es also weltfremd, was Paulus da formuliert und von seiner Gemeinde in Rom erwartet? Ich vermute nicht, denn Paulus war realistisch genug zu sehen, dass man nicht immer Frieden halten kann. „Ist’s möglich…“, sagt er, „… soviel an euch liegt…“ Das deutet für mich ganz klar darauf hin, dass er keine unrealistischen Erwartungen hat. Vielmehr geht es ihm darum, den Fokus auf seine Leser zu legen und sie dazu anzuhalten, bei sich selbst zu bleiben. Denn so ist es doch bis heute: Das Gegenüber kann man kaum oder gar nicht verändern, aber bei sich selbst kann man ansetzen. In diesem Sinne schreibt Paulus schon zuvor: „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.“ Das heißt, Paulus rechnet sehr wohl damit, dass andere Menschen einem selbst böse Dinge zufügen können. Die Frage ist dann aber, wie man darauf reagiert.
Die Kunst besteht meines Erachtens darin, sich selbst gut genug zu kennen und die eigenen Affekte unter Kontrolle zu haben. Dazu gehört auch, einen Moment innezuhalten und sich zu fragen, was gerade passiert. Vielleicht hat man ja eine Aussage fälschlicherweise als Anschuldigung verstanden, obwohl die gar nicht so gemeint war. Oder man kann dazu beitragen, dass eine emotionale Debatte sachlicher wird. Welche Bedürfnisse hat der andere, sind seine Gefühle verletzt worden? Es ist verständlich, dass es nicht immer leichtfällt, sich aus einer angespannten Situation innerlich einen Moment auszuklinken und sich solche Fragen zu stellen. Aber genau so verstehe ich die Worte von Paulus, und er hält es für einen Versuch wert. Heute würden wir vermutlich sagen: Halt mal inne, entspann dich, komm mal runter. Oder um es mit Worten des Paulus zu sagen: Vergeltet nicht und rächt euch nicht selbst. Es ist die Aufforderung an uns Christen, wenigstens mal den Versuch zu unternehmen, die Spirale der Gewalt zu unterbrechen. Wenn wir nämlich erst gar nicht den Versuch unternehmen, die Welt zum Besseren zu verändern, dann wäre unser Glauben sinnlos. Das Gute zu tun und das Schlechte zu lassen, dass ist und bleibt immer eine Überwindung, die uns vermutlich nicht immer gelingt. Aber einen Versuch ist es wert, sagt Paulus. Deswegen nehme ich auch seinen letzten Satz in diesem Abschnitt ganz besonders mit in die kommende Zeit: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12,21)

Herzlichst
Jan Friedrich Eisenberg

Gedanken zur Trinitatiszeit - Zeit der Dreieinigkeit

Trinitatiszeit
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Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten und bald ist wieder der erste Advent. Die Wochen dazwischen nennt die Kirche Trinitatiszeit. Oder zu Deutsch: die Zeit der Dreieinigkeit. Mit diesem Wort versuchen christliche Theologen, Gott zu beschreiben. Gott ist alles in einem: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Aber was bedeutet eigentlich diese Formulierung, dass es drei Unterschiedliche sind und gleichzeitig nur Einer?
Es gibt ein schönes Bild dafür. Das stammt von einem Theologen aus dem 4. Jahrhundert. Der vergleicht Gott mit dem Sonnenlicht. Also: Gott Vater ist wie die Sonne, Gott Sohn wie der helle Sonnenstrahl, und Gott Heiliger Geist ist wie die Spitze des Strahls, der die Menschen mit Wärme berührt. Es gibt nur eine Sonne, aber wir sehen und spüren sie in unterschiedlicher Art und Weise. Ich finde dieses Bild immer noch hilfreich, um zu verstehen, was damit gemeint ist, wenn wir vom dreieinigen Gott sprechen: Ohne die Sonne gäbe es kein Leben auf Erden. Sie ist der Ursprung allen Lebens, so wie Gott Vater der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Als Christen glauben wir, dass er der Schöpfer ist, der uns das Leben und alles Gute zum Leben schenkt. Gottes Sohn, der helle Lichtstrahl, das erinnert mich daran, dass Jesus sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ So wie der Sonnenstrahl von der Sonne ausgeht, so schickt Gott seinen Sohn zu uns Menschen – wie ein Licht für unseren Lebensweg. Ein Licht, das auch in dunklen Stunden unser Leben hell macht. Und schließlich der Geist Gottes als Spitze des Strahls, der uns Menschen mit Wärme berührt: Wir spüren Gott durch seinen Heiligen Geist immer dann, wenn wir Nähe und Wärme erfahren. So berührt uns Gott wie die Sonne, die Wärme auf die Erde schickt. So schenkt er uns Trost und Zuversicht, verbindet uns Menschen zu einer Gemeinschaft und schenkt uns neue Lebenskraft, die unserem Leben guttut.
Menschen erleben Gott auf sehr unterschiedliche Art und Weise: Sie haben die verschiedensten Erfahrungen mit Gott gemacht. Gott begegnet uns in Geschichten, die das Leben schreibt. Nicht in abstrakten Sätzen, sondern in Bildern und Geschichten, die zeigen, wie Gott Menschen anspricht. Gott will nicht ohne uns Menschen sein, er ist kein ferner Gott, der in den Wolken thront. Im Gegenteil: Gott ist in so lebendiger Beziehung zu uns, dass wir es nicht mit einem Satz beschreiben können. Gott ist mit uns und unserer Welt auf so vielfältige Art verbunden, dass eine einzige Geschichte gar nicht ausreichen würde, um zu erklären, wie Gott ist. Und doch zeigt sich in der Vielfalt der biblischen Geschichten: Wir reden zwar alle von unterschiedlichen Erfahrungen, aber wir meinen doch alle den gleichen einen Gott.
Und genau das feiern wir in der Trinitatiszeit. Wir feiern, dass dieser eine Gott unser Gott ist, der uns auf so unterschiedliche Art und Weise im Leben begegnet. Möge uns der dreieinige Gott auch weiterhin behüten. Gott mit uns, Gott für uns, Gott in uns.
Pfrin. Kerstin Schröder, Pfr. Jan Friedrich Eisenberg

"Der Herr segne dich und behüte dich..." 3. Juli 2020

Die Gedanken zum sogenannten Aaronitischen Segen sind für einen Radio-Beitrag auf Hit-Radio FFH produziert worden und hier als Audio abrufbar.

https://audioarchiv.medio.tv/upload/2020/06/200703_wzt_segen.mp3

Gesprochen von Jan Friedrich Eisenberg, Autor: Jan Friedrich Eisenberg (Quelle: medio.tv)

 

Predigt zu Pfingsten, 31. Mai 2020

Zum Anhören
Die Predigt zu Pfingsten gibt es hier zum Anhören.
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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

 

Wir hören die Geschichte des 1. Pfingstfestes aus Apg 2: Das Pfingstwunder

2 1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden?13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.

 

Liebe Gemeinde, ganz ehrlich macht es mir immer wieder Spaß, die Geschichte von Pfingsten zu lesen und zu erzählen. Besonders die vielen Namen von fremden Ländern und unterschiedlichen Städten höre ich immer wieder gerne. Sie stehen für die Vielfalt der Orte, aus den Menschen zusammenkommen können. Alle haben sie unterschiedliche Sprachen, sie kommen aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen – und doch verstehen sie sich! Es ist genau das Gegenteil von dem, was damals beim Turmbau zu Babel passiert ist. Damals hat Gott die Menschen zerstreut, weil sie sich in den verschiedenen Sprachen nicht mehr verstanden haben. Hier an Pfingsten ist das genaue Gegenteil der Fall: man spricht zwar verschiedene Sprachen, aber man versteht sich dennoch. Wie wunderbar ist es, wenn man sich versteht, wenn man weiß, was der andere meint, wie er fühlt – manchmal sogar ohne Worte. Tiefes Vertrauen, Verständnis für den anderen, und dadurch innige Gemeinschaft. All das ist zurückzuführen auf Gottes Geist. Gottes Geist wird an Pfingsten über die Jünger ausgegossen. Daraufhin werden sie mutig, sind begeistert, werden Feuer und Flamme für die Botschaft, das Evangelium Jesu Christi, und sie gehen in alle Länder und fangen an zu predigen. Und überall, wo sie das tun, da bildet sich eine Gemeinschaft, die Gemeinschaft der Glaubenden; dort kommt es zur Gründung von Kirchengemeinden, und es entsteht die Kirche. Deswegen, liebe Gemeinde, nennt man Pfingsten auch den Geburtstag der Kirche.
Wenn ich gerade davon erzählt habe, dass Gottes Geist eine innige Gemeinschaft bewirkt, dann sehen wir ja gerade in unserer Zeit, wie wenig selbstverständlich Gemeinschaft untereinander ist. Wir durften lange Zeit nicht beieinander sein, die Ausbreitung des Virus musste gestoppt werden. Da stolpert man doch über einzelne Sätze aus der Pfingstgeschichte, oder? Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Ja, wir sind auch beieinander, aber es ist doch ganz anders, weil wir eben nicht nah beieinander sitzen sondern Abstand halten. Aber dennoch sind wir an einem Ort beieinander – nur „anders beieinander“, so das Motto unserer Landeskirche zu Pfingsten. Heute sind Menschen hier, die nicht nur zu unserem Hausstand oder zu unseren Nachbarn gehören. Vertraute Gesichter und andere, schaut euch ruhig um!
Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen… Ein Brausen, ein gewaltiger Lufthauch – jetzt hier an diesem Ort?! Oh, da sind wir doch vorsichtig wegen der schlimmen Aerosole, wegen der Tröpfchen die gefährlich und ansteckend sein können! Ja, genau deswegen halten wir ja Abstand, und das ist ja auch gut und wichtig so! Aber, liebe Gemeinde, es liegt mehr in der Luft als Gefahr. Wir brauchen auch Worte, die von mehr sprechen als nur von Fallzahlen und der Angst vor Ansteckung. Und deswegen sind wir hier, hier weht noch ein anderer Wind, wie es in der Geschichte heißt:
…und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. Ich finde das wirklich ermutigend: erst waren die Jünger traurig, weil Jesus nicht mehr da war, und sie hatten sich ängstlich in einem Haus versteckt, und reden wollten sie auch nicht. Und genau das wird plötzlich anders: Sie merken, dass es mehr gibt als Angst, sie werden von Anderem erfüllt. Richtig fassen können sie das nicht, was da über sie kommt. Doch es ist eine gute Kraft, unsichtbar, nicht von dieser Welt. Es ist Gottes Heiliger Geist, der in ihnen aufflammt, der das wieder entzündet, was schon kalt geworden schien. Sie sprechen untereinander, ein großes Verstehen verbindet die Menschen untereinander, und alle merken: Es geht bei den großen Taten Gottes um alle Menschen, es geht um die ganze Welt!
Das ist schon verrückt, was damals passiert ist, und das passt doch auch ganz gut zu unserer Situation. Es ist nicht ganz normal, was dieser Tage mit uns und auf der ganzen Welt basiert – aber deswegen sind wir noch lange nicht voll von süßem Wein, wie es in der Bibel heißt, wir sind nicht besoffen! Und das sagt auch Petrus über die Jünger: Nein, sie sind nicht betrunken, sie tun nur das, was schon von dem Propheten gesagt wurde:
»Es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.
Mit dem Gedanken der Söhne und Töchter möchte ich diese Predigt schließen: Unsere Söhne und Töchter sollen weise sein – sie sind es doch längst, liebe Gemeinde! Denn sie sagen uns, dass wir gut auf diesem Planeten aufpassen sollen, dass wir Rücksicht nehmen sollen, dass wir ihn sauber halten sollen. Gerade jetzt ist die Zeit, zu teilen was da ist. Gott verbindet alles, was lebt auf dieser einen Erdkugel. Gott verbindet uns auch mit unseren Kindern und Enkelkindern. Und unsere Alten sollen atmen können, und sie sollen Träume haben vom Wiedersehen ohne Angst und Sorge. Ja, das ist das, was ich uns wünsche. Ich wünsche uns Gottes guten Geist, der uns tröstet, der uns ermutigt, und der uns wieder beieinander sein lässt. Anders als bisher, aber auf jeden Fall beieinander. Und auf uns alle will Gott seinen guten Geist ausgießen. Mögen wir es auch wirklich erfahren und spüren, dass Gott uns behütet, dass er uns begleitet, und dass sein guter Geist mit uns ist.

Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn. Amen.
Jan Friedrich Eisenberg

Neuanfang?! Gedanken zum Sonntag „Jubilate“, 03.05.2020

Liebe Leserin, lieber Leser!


In der Agende, dem Gottesdienst Buch unserer Kirche, steht für den Sonntag Jubilate („Jauchzt Gott!“) der einleitende Satz: „Wer mit Christus verbunden ist, erfährt, wozu er bestimmt ist: nicht zur Traurigkeit, sondern zur Freude; nicht zum Tod, sondern zum Leben.“ Mir scheint, als ob es ab und zu mal richtig wichtig ist, sich deutlich zu machen, wozu wir bestimmt sind: zum Leben! Das gilt allzumal für uns Christenmenschen, so wie es der Wochenspruch aus 2 Korinther 5,17 sagt: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ Neues Leben gewinnt derjenige, der darauf vertraut, dass Gott all das, was in unserem Leben nicht gut läuft, alle unsere Fehler und unsere Schuld nicht anrechnet, selbst wenn wir uns noch so schuldig fühlen. Ich weiß, das ist nicht immer leicht. Wir müssen es uns immer wieder zusagen lassen: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Gott gewährt Neuanfänge, obwohl wir vielleicht meinen, sie nicht verdient zu haben. Dafür können wir ihm nur dankbar sein, ihn loben, oder gar jauchzen, wie es der Name des Sonntags sagt.
Und wann können wir das endlich wieder? Ich erlebe mich selbst, wie ich ungeduldig bin, wie ich endlich wieder Gottesdienste feiern möchte. Ab 17. Mai dürfen wir wieder. Aber wenn es wieder möglich sein wird, dann gewiss nicht so, wie vor Beginn der Pandemie! Da sind viele Fragen zu klären: Wie viele Menschen dürfen dann auf einmal in der Kirche sein? Wie müssen sie sich schützen? Wann dürfen wir endlich wieder große Gottesdienste mit vielen Menschen feiern? All das wird in den nächsten Tagen bei uns im Kirchenvorstand besprochen und auf unsere Kirchengemeinde heruntergebrochen. Und dann werden wir die Gemeinde an dieser Stelle und natürlich über Ausgänge an den Schaukästen informieren. Doch an dieser Stelle sei auch noch einmal darauf hingewiesen: Die Vöhler Kirche ist sowieso immer zum Gebet geöffnet – also einfach eintreten!
Schon heute aber dürfen wir froh und dankbar sein darüber, wie wir hier in unseren Orten durch diese besondere Zeit hindurch kommen. Wir sind nicht zur Traurigkeit bestimmt, sondern zur Freude, nicht zum Tod, sondern zum Leben. Und ich bin gewiss: Gott schenkt uns einen Neuanfang, Gott schenkt uns wieder Begegnung mit unseren lieben Mitmenschen, die wir sehnsüchtig vermisst haben, aber auf die wir uns jetzt schon freuen können.
Bleibt weiterhin gesund und behütet!
Herzlichst, Jan Friedrich Eisenberg

Gedanken zu Barmherzigkeit, 26.04.2020

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Die Gedanken zum Sonntag Misericordias Domini gibt es hier zum Anhören.
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Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Der Name des Sonntags „Misericordias Domini“ ist lateinisch und heißt auf Deutsch: „Barmherzigkeit des Herrn“. Irre ich mich, oder kommt das Wort Barmherzigkeit in unserem Alltag kaum noch vor? Wer kennt es noch, und wer weiß noch um seine Bedeutung? Wenn ich mit den Schülern in der Grundschule das Gleichnis vom barmherzigen Samariter durchnehme, dann überlegen wir immer gemeinsam, was das Wort bedeuten könnte. Und sehr schnell kommen die Kinder darauf, dass es auch so etwas wie „warmherzig“ bedeuten kann.
Ja, so ist das: „warmherzig oder gütig sein, ein Herz haben, trösten“, das alles umfasst das Wort Barmherzigkeit. Und ich glaube, wir Menschen sind öfter auf Barmherzigkeit angewiesen, als wir manchmal glauben – gerade in dieser besonderen Zeit, die immer noch durch viele Einschränkungen im Alltag bestimmt ist. Plötzlich merken wir: Es ist alles andere als selbstverständlich, dass wir gesund und unversehrt durch unser Leben gehen. Wir sind nicht immer Heil, sondern wir erleben uns als verletzlich oder gar zerbrechlich, sowohl körperlich als auch seelisch. Es schlägt auf die Seele und das Gemüt, dass man Freunde nicht treffen kann, weder in der Schule, noch unter den Kollegen, noch im Verein. Auch die Verwandten sind weit weg, man sollte sie nicht besuchen. Dabei leben wir Menschen doch von Beziehungen und zwischenmenschlichen Kontakten. Und wenn die eingeschränkt werden, dann leidet auch die Seele. Ja, gerade die Seele braucht in diesen Tagen besondere Fürsorge, denn auch sie leidet an diesen besonderen äußeren Begebenheiten.
In der alttestamentlichen Schriftlesung für den kommenden Sonntag fällt mir ein kurzer Vers besonders auf. In Ezechiel 34,16 spricht der Prophet von Gott, der sagt: „Ich will das Verwundete verbinden und das Schwache stärken.“ Ja, das klingt nach Barmherzigkeit, das klingt nach Trost in meinen Ohren! So ist Gott zu uns Menschen, daran glaube ich. Unser himmlischer Vater sieht unser Leid, er sieht unsere Not, und auch unsere Schwachheit. Und er nimmt sich unser an, weil er barmherzig ist, weil wir seine Kinder sind, weil er uns liebt.
In der Bibel lesen wir ganz viel von Barmherzigkeit, von Gottes Barmherzigkeit! So dürfen wir gewiss sein, dass Gott immer wieder aufs Neue Mittel und Wege finden wird, unsere verwundeten Seelen zu berühren und zu heilen. Übrigens dürfen wir ihn darum im Gebet auch bitten: dass er uns seine große, heilende Liebe schenke, dass er sich zu uns wende in unserer Not, dass er unsere zerbrochenen Herzen in seinen Händen halten möge, und dass seine Lebenskraft in uns fließen möge, dass wir wieder auffahren mit Flügeln wie Adler und nicht müde werden. So kann in uns die Gewissheit wachsen, dass Gott uns durch Krisen hindurchführt und uns dann auferstehen lässt zu neuem Leben. Seine Barmherzigkeit besteht nicht darin, dass er uns Leid, Not und Trauer erspart, sondern dass er mitleidet, dass er mit uns geht, dass er uns begleitet auf unserem Lebensweg. Zum Beispiel schickt er uns auch Menschen, die uns mit Rat, Tat und Mitgefühl zur Seite stehen. So erfahren wir Barmherzigkeit. So geht Gott mit, so verbindet er das Verwundete, so stärkt er das Schwache, wie es bei Ezechiel heißt.

Ich wünsche uns allen, dass wir in diesen besonderen Tagen und Wochen immer wieder diese tröstende Nähe Gottes spüren, dass wir mit Gewissheit erkennen, dass Gottes Barmherzigkeit kein Ende hat und dass er mit geht auf unserem Weg. Ja, wir brauchen jetzt noch Geduld, aber wir sehen uns wieder!
Bleibt weiterhin gesund und behütet!
Herzlichst, Jan Friedrich Eisenberg

Gedanken zu Ostern 2020

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Liebe Leserin, lieber Leser!


Ostern ist für mich das Fest, das uns auffordert, die Geschehnisse von heute von einem guten Ende her zu denken. Und deswegen geht es mir geradezu trotzig immer wieder durch den Kopf: ...DENNOCH wird es Ostern! DENNOCH - trotz Virus, trotz physischer Distanz, trotz Traurigkeit und Sorge. Wenn ich in diesen Tagen bei wunderbarem Sonnenschein durch unsere Felder spazieren gehe, dann kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Gott uns vergessen hat, dass Ostern ausfällt, dass alles nur noch von einer dunklen und diffusen Angst belastet ist. Zu vieles spricht für mich dagegen. Und der Gedanke von Matthias Horx ist wirklich faszinierend, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Lasst uns ein Experiment wagen, von einer Zukunft auf die heutige Situation schauen:
Ent-schleunigt und zurückgeworfen auf uns selbst machen wir uns Gedanken über unseren christlichen Glauben. Er entspringt diesem einmaligen Geschehen, dass der Glaube an Jesu Auferstehung an Ostern sich verbreitet hat. Das Grab ist leer, Jesus hat den Tod überwunden. Gottes Lebenskraft hat sich durchgesetzt, auch über alle Mächte und Naturgewalten. Ja mehr noch: Gott hat seine eigene Schöpfung, die Natur, die er ins Leben gerufen hat, und die mit dem Tod endet, überwunden. Sein lebenschaffender Geist hat sich gegenüber der Vergänglichkeit der Natur behauptet. Wenn wir das im Glauben annehmen können, dann trägt unser Glaube unser ganzes Leben, auch über den Tod hinaus. Denn nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist (vgl. Römer 8,39).
Sicher, der Glaube an Jesu Auferstehung, der Osterglaube, der ist wirklich anspruchsvoll. Denn wir sind Menschen und nur allzu oft verzagte Wesen - und wir haben Angst vor Sterben und vom Tod. Die Rückbesinnung auf unseren Glaube jedoch verweist uns auf das einmalige Geschehen, durch das unsere Religion überhaupt erst entstanden ist: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja! Wenn wir diese einmalige und frohe Botschaft gerade in diesen schweren Zeiten ernst nehmen, dann gibt sie uns Hoffnung, das Gott auch uns Leben schenkt.
Ja, dieses Jahr wird es keine Gottesdienste an Ostern geben. Aber das heißt nicht, dass Ostern ausfällt! Wer am 12. oder 13. April diesen Jahres das Bedürfnis hat, das Osterevangelium zu lesen, der hat sicherlich in den eigenen vier Wänden Gelegenheit dazu, der kann sich im Fernsehen Gottesdienste ansehen, und der kann auf der Homepage der Kirchengemeinde einen Pfarrer das Evangelium vorlesen hören. Vielleicht wird es so Ostern für jeden einzelnen von uns - das jedenfalls wünsche ich euch!

 

Lukas 24: Jesu Auferstehung
Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. Und sie gedachten an seine Worte. Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen. Es waren aber Maria von Magdala und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und die andern mit ihnen; die sagten das den Aposteln. Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht. Petrus aber stand auf und lief zum Grab und bückte sich hinein und sah nur die Leinentücher und ging davon und wunderte sich über das, was geschehen war.

 

Andacht zu Gründonnerstag

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Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Besonders ist das, was wir in diesen Tagen erleben, und was wir jetzt gerade erleben. Wir können nicht beisammen sein. Aber heute ist Gründonnerstag, und da können und wollen wir uns doch an Jesu letztes Abendmahl erinnern. Denn das was er damals tat, ist ebenfalls besonders.
Er war mit seinen Jüngern nach Jerusalem gekommen. Auf einem Esel war er herein-geritten, und das Volk jubelte ihm zu. Und nun stand das Passahfest vor der Tür, das mit einem gemeinsamen Abendessen gefeiert wurde. Das Passafest erinnert an die Befreiung aus Ägypten und an den Bund, den Gott mit seinem Volk am Berg Sinai schloss. So haben die Jünger seit ihrer Kindheit das Passahfest gefeiert.
Doch heute ist etwas anderes. „Gott will mit uns heute wieder ein Bund schließen“, sagt Jesus, „einen neuen Bund.“ Ja, sagen die Jünger, und alle sind begeistert. Doch Jesus schüttelt den Kopf: „Nein, Gott wird einen anderen Bund schließen. Und einer von euch wird mich verraten.“ Das verstehen die Jünger nicht. Nachdem alle wild durcheinander gesprochen haben, wird es plötzlich still. Schweigend greift Jesus nach einem Brotfladen und betrachtet ihn. Dann hält er ihn in die Höhe und weist mit der anderen Hand darauf: „Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird“, sagt Jesus. „Solches tut zu meinem Gedächtnis“, sagt er. Dann greift Jesus nach dem Kelch und deutet darauf: „Nehmt hin und trinket alle daraus. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihr’s trinkt, zu meinem Gedächtnis.“
Die Jünger sind verwirrt, aber sie merken: Es ist etwas Besonderes geschehen. Jesus hat diesem letzten Abendmahl eine besondere Bedeutung gegeben. Etwas Neues ist zur Feier hinzugekommen: Jesus deutet das Brot und Wein auf seinen Leib und sein Blut. Und er tut dies wohlwissend, dass er nicht mehr lange leben wird – in der Nacht, da er verraten ward, wie es in der Bibel heißt.
In Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu feiern wir Christen das Abendmahl seit 2000 Jahren. Und wir erinnern uns dabei daran, dass Jesus für uns gestorben ist, für all das, was uns von Gott trennt. Und wir wissen bereits heute, dass Jesus durch den Tod hindurch gegangen ist zum Leben. Jesus hat uns durch den Tod hindurch Gemeinschaft mit Gott geschenkt – das ist der tiefere Sinn der Feiertage in dieser Woche, die dann im Osterfest gipfeln. Diese Erinnerung kann uns keiner nehmen – auch in diesen besonderen Zeiten nicht! Auch nicht, wenn unsere Gemeinschaft miteinander so anders ist als sonst. Denn die Bedeutung des Abendmahls bleibt: Jesu Blut wird vergossen zur Vergebung unserer Sünden. Alles, was wir falsch machen, alles, was uns sowohl von Gott, als auch von unseren lieben Mitmenschen trennt, wird uns vergeben. Das dürfen wir glauben, das dürfen wir hoffen. „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor 5,20) ruft Paulus den Menschen in Korinth zu. Und genau diese Botschaft gilt immer noch, auch heute, auch unter diesen Umständen.
Gründonnerstag ist der Tag der Erinnerung an das Abendmahl und an die Versöhnung, die uns Menschen zugesagt ist. Aus dieser Versöhnung heraus können wir leben und zuversichtlich in die kommenden Tage und Wochen gehen, die Gott jedem einzelnen von uns schenkt. Er ist bei uns, auch in diesen Tagen. Im Glauben daran dürfen wir Christen getrost in unsere Zukunft gehen – Gott hält eine Zukunft für je-den von uns bereit. So befehlen wir ihm, Gott, unsere Wege an und hoffen auf ihn, er wird‘s wohlmachen.

Amen.

 

Hört zur Vergewisserung noch einmal die altbekannten Worte:

Unser Herr Jesus Christus,
in der Nacht, da er verraten ward,
nahm er das Brot, dankte und brach’s,
und gab’s seinen Jüngern
und sprach:
Nehmt hin und esst.
Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird;
solches tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch
nach dem Abendmahl,
dankte und gab ihnen den
und sprach:
Nehmet hin und trinket alle daraus:
Dieser Kelch ist der neue Bund
in meinem Blut,
das für euch vergossen wird
zur Vergebung der Sünden;
solches tut, sooft ihr’s trinkt,
zu meinem Gedächtnis.

 

Gedanken zu Palmsonntag, 5. April 2020

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Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Die 2. Woche ist rum. Die 2. Woche, in der wir unsere sozialen Kontakte um uns herum einschränken. Wir halten Abstand – und das ist auch gut so. Und was haben wir noch für ein Glück! Vergangene Woche war das Wetter schön, man konnte rausgehen, spazieren gehen und trotz der allgemeinen Unsicherheit etwas für sich und sein Wohlbefinden tun. Bei dem einen oder anderen sind vielleicht sogar Frühlingsgefühle wach geworden. Die äußeren Bedingungen bei uns hier auf dem Land sind doch wirklich wunderbar! Es tut gut, das einander zu sagen und sich so gegenseitig zu stärken und sich des eigenen Lebens zu vergewissern.

 

Schon jetzt merke ich an mir selbst, wie ich gerne in die Zukunft schauen möchte. Ich sehne mich nach einer Zeit danach... Aber die täglichen Fernsehnachrichten holen mich dann jäh zurück in die Realität, und ich merke, dass ich noch viel Geduld haben muss. Geduld ist nicht so meine Stärke. Ich erzähle häufiger über mich: „Als Gott die Geduld verteilte, stand ich hupend im Stau…“ Und dennoch brauchen wir jetzt Geduld, wir alle. Denn nur wenn wir abwarten, wenn wir uns weiterhin zurückhalten und unsere Aktivitäten drastisch einschränken, nur dann können wir einander helfen.

 

Aber in die Zukunft schauen darf man trotzdem. Ich schaue auf den Sonntag der kommenden Woche, es ist Palmsonntag. Ich mag den Sonntag, denn er ist so schön anschaulich, dass selbst Kinder verstehen, an was wir an dem Sonntag denken. Palmsonntag hat seinen Namen nämlich von Palmzweigen. Im Evangelium für Palmsonntag lesen wir bei Johannes, dass Jesus zum Passahfest nach Jerusalem kommt. Er setzt sich auf einen jungen Esel, wie es bereits im Alten Testament beim Propheten Sacharja geschrieben steht, und reitet damit nach Jerusalem ein. „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!“, rufen die Menschen und freuen sich (Johannes 12,13). Sie jubeln ihm zu, begrüßen ihn wie einen König und legen Palmzweige auf seinem Weg nieder. Das war so etwa der rote Teppich von damals. Daher hat der Sonntag seinen Namen.

 

Palmzweige niederlegen, den roten Teppich ausrollen… Darüber lohnt sich doch gerade in diesen Tagen mal nachzudenken! Wem rollen wir unseren roten Teppich aus? Wem bringen wir unsere Ehrerbietung entgegen? Und vor allem, wer hat denn wirklich Ehre verdient? Ich glaube, dass die Pandemie in dieser Hinsicht auch wirklich eine Chance sein kann, wenn sie nämlich unsere menschlichen Maßstäbe mal relativiert und gerade rückt. Ehre hat dieser Tage derjenige verdient, der seine Gesundheit aufs Spiel setzt, weil er tagtäglich seiner Arbeit nachgeht und dabei ganz vielen Menschen sehr nahekommt. Und davon gibt es viele: die Menschen im Einzelhandel, in Bäckereien und Metzgereien, im Supermarkt und bei den Discountern, die Fernfahrer und die gesamte Logistikbranche, und natürlich der medizinische Bereich, Gesundheit und Pflege. Und noch viele mehr! Ihnen gebührt Ehre, ihnen können und müssen wir den roten Teppich ausrollen!

 

Und während mir diese und andere Berufsgruppen durch den Kopf gehen, merke ich, wie sie gerade nicht zu denjenigen gehören, die sonst im gesellschaftlichen Mittelpunkt stehen. Es sind nicht die Reichen und Wohlhabenden, es sind nicht diejenigen, die großen Einfluss haben, es sind nicht die Mächtigen dieser Welt. Doch genau sie sind für uns gerade jetzt so unendlich wichtig, ihnen gebührt der rote Teppich!

 

Und ich finde, das passt ganz wunderbar zu dem, was Jesus wichtig war. Jesus ist gerade zu denen gekommen, die nicht im Mittelpunkt standen. Er hat einen Blick gehabt für sie. Allein dadurch, dass er sich ihnen zugewandt hat, hat er ihnen Ehre gegeben und sie wertgeschätzt. Für Jesus war das selbstverständlich, und er hat uns aufgetragen, uns genauso zu verhalten – Nächstenliebe nennen wir das. Machen wir‘s ihm doch nach und lassen wir denen unsere Anerkennung zu kommen, die es verdient haben – gerade in dieser schwierigen Zeit.

 

Und aus welcher Haltung heraus sollten wir das tun? Auch da lohnt ein Blick in das Evangelium von Palmsonntag: Auf einem Esel ist Jesus nach Jerusalem hineingeritten – gerade nicht hoch zu Ross! Statusverzicht hat mein Lehrer Gerd Theißen aus Heidelberg das genannt. Jesus begnügt sich mit einem Esel, das reicht ihm. Gerade dadurch kommt er den Menschen ganz nah, versteht ihre Sorgen und Nöte und nimmt sie ernst. Vielleicht können wir uns von dieser Haltung eine Scheibe abschneiden und so unseren Beitrag für ein solidarisches Miteinander leisten. Denn genau davon leben wir in diesen besonderen Zeiten.

 

Ich wünsche mir, ich wünsche uns allen viel Geduld in den nächsten Wochen, denn die werden wir noch brauchen. Und ich wünsche uns die Fähigkeit, einander mit der Wertschätzung anzusehen, die Jesus uns vorgelebt hat. Mit dieser Haltung möchte ich in die kommende Karwoche gehen, in der wir an Jesu Leiden und Sterben denken. Vielleicht hilft uns das, in die Zunkunft zu schauen und es dann Ostern in unseren Herzen werden zu lassen.

 

Bleibt weiterhin gesund und behütet!

 

Herzlichst
Jan Friedrich Eisenberg

Palmsonntag, 5. April 2020
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Gedanken zum Sonntag, 22. März 2020

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Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Am Ende einer für mich, für uns alle sehr außergewöhnlichen Woche schreibe ich diese Zeilen. Das öffentliche Leben in unseren Orten wird weitestgehend abgebremst, mehr noch, es wird fast zum Stillstand kommen. Und ja, das ist gut, richtig und nötig! Nur wenn wir zu Hause bleiben, nur wenn wir unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum beschränken, nur dann können wir dem Virus begegnen und die Infektionskurve möglichst flach halten. Und dazu kann jeder einzelne seinen Beitrag leisten. Also gilt für jeden von uns: Bleib zu Hause – oder wie es ein Internet Blog mit drastischen Worten sagt: www.staythefuckathome.com/de/! Und ich habe mittlerweile überhaupt kein Verständnis mehr für die Leute, die sich daran nicht halten! Aber zum Glück gibt es auch ganz viele vernünftige Menschen! Vielen Dank an euch! Es gibt immer noch genug Leute, die in sogenannten kritischen Bereichen des sozialen Lebens an die Arbeit gehen müssen. Machen wir ihnen ihre Arbeit möglichst leicht und bleiben zu Hause.


Am Ende einer für mich sehr außergewöhnlichen Woche blicke ich aber auch auf diesen Sonntag, mit dem eine neue Woche startet: Am 22. März feiern wir den Sonntag „Lätare“, d.h. „Freue dich!“ Freue dich? Wie passt das denn?! Wie kann man sich denn in diesen Tagen freuen? Doch, ich glaube, es passt ganz wunderbar! Entgegen den allgemeinen und diffusen Ängsten vor einer unsichtbaren Macht, die sich immer weiter ausbreitet, klingt der Name des Sonntags fast wie Musik in meinen Ohren und wie eine Aufforderung: „Freue Dich!“ Freue dich über mehr Zeit. Freue dich über das, was du hast. Freue dich über die Menschen, mit denen du jetzt über Telefon und Internet ganz anders in Kontakt kommst. Freue dich deines Lebens!

 

Einer der Bibeltexte für den Sonntag Lätare lässt mich aufhorchen: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Fett gedruckt steht er im Alten Testament beim Propheten Jesaja 66,6. Trost – ja, den kann ich gerade wahrlich gut gebrauchen! Trost brauche ich gerade angesichts dieser so ungewöhnlichen Situation in der Welt, in unserem Ort, und in meinem Leben. Und ich finde diesen Trost im Glauben! Im Glauben an Gott und seinen Sohn Jesus Christus. Gott ist kein ferner Gott im jenseits, der unberührt und zynisch auf uns Menschen und unsere derzeitigen Probleme und Ängste schaut. Gott ist ein Gott, der mitfühlt, der mitleidet. Warum? Das können wir in der Geschichte seines Sohnes Jesus Christus sehen, an die wir jetzt gerade in der Passionszeit denken. Auch Jesus hatte das Gefühl, von Gott verlassen zu sein. Vielleicht geht es dem einen oder anderen von uns genauso. Das, was mit Jesus dann am Kreuz passiert ist, wird aber erst von Ostern her verstanden, d. h. es wird rückwärts verstanden! Jesus ist auferweckt worden von den Toten, Jesus ist auferstanden, er hat den Tod überwunden.

 

Bei diesem Gedanken möchte ich kurz bleiben. Wie schön wäre es, die jetzige Krise rückwärts zu verstehen! Diese Idee kam mir, als ich einen Text vom Zukunftsforscher Matthias Horks gelesen habe. Trauen wir uns doch einen Augenblick lang, uns für eine gewisse Zeit von ein paar Monaten in die Zukunft zu versetzen, und von dort aus rückwärts auf die jetzige Situation zu schauen. Wie schön wäre es da zu erkennen, welch neue Lebensmöglichkeiten die jetzige Lage gebracht hat. Weniger Verkehr und Tourismus hat zu einer deutlichen Reduzierung des CO2-Ausstoßes geführt – die Welt wird sauberer! Weniger Hetze im Alltag hat zu mehr Kommunikation mit lieben Menschen geführt – die Welt wird kommunikativer und liebevoller. Weniger Bewegungsfreiheit hat zu mehr Solidarität und Konstruktivität geführt – die Welt wird umgänglicher.
Mag sein, dass der eine oder andere von euch mich für naiv hält. Aber es entspricht meinem Glauben an einen Gott, der durch seinen Sohn Jesus von Nazareth sehr viel Barmherzigkeit in die Welt gebracht hat. Denn das war Jesu Botschaft von seinem Vater im Himmel: „ Seid barmherzig, wie auch der Vater barmherzig ist.“ Von dieser Barmherzigkeit hat er nicht nur geredet, sondern er hat sie gelebt. Diese Barmherzigkeit, an die will ich glauben, denn sie passt so wunderbar zu der anderen Botschaft vom Propheten Jesaja: : „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“

 

Am Ende einer für mich sehr außergewöhnlichen Woche nehme ich Trost mit: Gott ist unser barmherziger Vater im Himmel, er geht mit uns, er steht an unserer Seite, auch und gerade in diesen schwierigen Zeiten – sein Segen begleitet uns. Mit dieser Glaubensgewissheit lasse ich mich von ihm trösten, so wie es Jesaja sagt. Darüber kann ich mich freuen.

 

Bleibt gesund und behütet!
Herzlichst, Jan Friedrich Eisenberg

Freue Dich!
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